BUVERO Berlin / Stolpersteine

BUVERO Berlin / Stolpersteine

Es ist bereits dunkel, als wir an diesem Abend im Refugee-Camp am Oranienplatz sind. Wir wissen noch nicht genau, ob wir ins Kino gehen, oder doch lieber nach Hause. Mit uns zusammen ist Patric, ein junger Mann aus Afrika, der schon seit einiger Zeit in Berlin lebt. Wir laufen durch Kreuzberg, reden über das Camp der Flüchtlinge auf dem Oranienplatz, über unseren BUVERO-Workshop usw.

Marianna, eine junge Teilnehmerin aus Rumänien, läuft mit mir. Wir reden gerade über unsere Kinder, als ich auf dem Gehweg etwas blinken sehe. Ich bleibe stehen und beuge mich nieder, um besser sehen zu können. Marianna kommt zu mir und schaut über meine Schulter. “Was ist das?” fragt sie auf englisch.
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Vier goldene Steine sind dort auf dem Boden eingelegt. Auf jedem stehen Namen und Zahlen. Ich erkläre ihr, dass hier Menschen wohnten, die wärend der Naziherrschaft von hier nach Auschwitz und Theresienstadt deportiert und dort ermordet wurden, nur weil sie Juden waren. Patric kommt dazu. Beide sind überrascht. Marianna kann es gar nicht erfassen und Patric erzählt mir, dass er diese Steine schon öfter in Berlin enddeckt hat, aber immer glaubte, dass es eine Dekoration sei. Er zückt sein Handy und fotografiert. Menschen zu ermorden, nur weil sie anders sind, dass ist unfassbar, sagen beide.
Hat Deutschland denn nichts aus seiner Geschichte gelernt, stellt sich mir die Frage. Wir legen Stolpersteine zur Erinnerung an das Unrecht, welches jüdischen Menschen widerfuhr. Wir errichteten (wenn auch erst nach langer Zeit) ein Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma. Aber was ist mit den Menschen, die heute zu uns kommen? Was ist mit den Roma die aus dem ehemaligen Jugoslavien zu uns flüchteten (vor serbischen und albanischen Nationalisten und vor deutschen Nato-Bomben), haben wir ihnen gegenüber keine Verantwortung und können sie einfach wieder zurückverfrachten ins Niemandsland? Und was ist mit den Menschen vom Oranienplatz? Gehen die uns nichts an?
Ich stehe vor den vier goldenen Stolpersteinen und wünsche mir, dass wir unsere historische Verantwortung nicht nur gegenüber den Toten übernehmen, in dem wir Denkmäler errichten und Stolpersteine legen, sondern auch gegenüber denen, die heute leben, die bei uns und mit uns leben. Zum Beispiel mit einem Bleiberecht, welches diesen Namen auch verdient.
So lange wir Gesetze haben, die eine Ungleichbehandlung von Menschen auf Grund ihrer Nationalität oder Staatszugehörigkeit vorsehen, so lange müssen wir immer wieder aufstehen und dagegen ankämpfen, ob am Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma, ob beim Refugee-Camp oder eben auch bei den Stolpersteinen.


Frauke Sonnenburg Teilnehmerin von Buvero

http://www.roma-center.de/buvero-roma-woman-live-network/