31 Jahre nach dem Pogrom – überlebende Roma erstmals zurück in Lichtenhagen

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Zu den 31. Jahrestagen des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen fanden zahlreiche Veranstaltungen statt. Bei mehreren war das Roma Center/ RAN involviert, und zum ersten Mal waren dabei überlebende Roma persönlich zugegen.

Nachdem das Roma Center und das Dokumentationszentrum „Lichtenhagen im Gedächtnis“ letztes Jahr Zeitzeug:innen des Pogroms aus der rumänischen Roma-Community hatten interviewen lassen, waren mehrere von ihnen dieses Jahr zu zwei Veranstaltungen eingeladen. Die erste fand am 25. August 2023 statt und wurde von der Stadt Rostock organisiert. Bei dieser Veranstaltung haben der Zeitzeuge Romeo Tiberiade sowie Rudko Kawczynski von der Hamburger Rom und Cinti Union eine Erinnerungstafel eingeweiht.

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Es war nicht das erste Mal, dass eine Tafel angebracht wurde. Die erste hatten Rudkos Organisation zusammen mit Serge und Beate Klarsfelds Vereinigung der Söhne und Töchter der deportierten Juden aus Frankreich bereits 1992 am Rostocker Rathaus angebracht, als die beiden Organisationen gegen das Rücknahmeabkommen Deutschlands mit Rumänien und die Abschiebung von Roma kurz nach dem Pogrom protestierten. Die Tafel wurde jedoch damals wieder entfernt, da der Text nicht mit der Stadt abgesprochen war. Das Abkommen war eine direkte Reaktion des deutschen Staates auf den Pogrom. Statt systematisch gegen Rassismus und Rechtsextremismus vorzugehen, richtete sich die Politik gegen deren Opfer.

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Bei der Veranstaltung haben auch Beate Klarsfeld und Izabela Tiberiade einen Redebeitrag gehalten. Die Zeitzeug:innen selbst kamen, bis auf Romeo Tiberiade, nur kurz zu Wort.

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Am 26. August 2023 haben das Roma Center und das Dokumentationszentrum „Lichtenhagen im Gedächtnis“ gemeinsam die Veranstaltung „Hauptzeug:innen“ durchgeführt, bei der vier Zeitzeug:innen über den Pogrom ausführlich zu Wort kamen und aus ihrer Perspektive über die Ereignisse sprechen konnten.

Im Publikum waren ehemalige Aktivist:innen, die während des Pogroms versucht hatten, den Menschen, die angegriffen wurden, zu helfen. Eine von ihnen hat geweint, als sie davon erzählt hat, dass sie es nicht geschafft haben, die Angriffe zu stoppen.

Romeo Tiberiade hat erwähnt, dass sie auch noch auf der Flucht aus dem brennenden Haus verfolgt worden sind. Auch da, wo sie dann ankamen, konnten sie nicht geschützt werden. Den meisten Familien blieb nichts anderes übrig als zurück nach Rumänien zu gehen.

Das Roma Center hat beide Veranstaltungen filmisch dokumentiert.

Ende August hat das Roma Center zudem zwei Workshops für Schüler:innen an einer Rostocker Schule gegeben. Bei diesen konnten sich die Teilnehmer:innen mit der Situation geflüchteter Roma und der Bedeutung des Bleiberechts, insbesondere vor dem Hintergrund der historischen Verantwortung Deutschlands, auseinandersetzen. Wir haben auch den Pogrom thematisiert, den die Schüler:innen im Teenager-Alter höchstens noch aus den Erzählungen ihrer Eltern oder Großeltern kennen.

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Nicht nur in Rostock, sondern bundesweit wäre es notwendig, sich mit den Hintergründen des Pogroms und seinem Kontext, nämlich dem Rechtsextremismus und der Abwehr gegen Geflüchtete und Migrant:innen im Allgemeinen und gegen Roma im Besonderen, auseinanderzusetzen. Denn dieser Kontext ist brandaktuell und -gefährlich.

Mehr Infos und das gesamte Veranstaltungsprogramm findet ihr hier: https://lichtenhagen-1992.de/aktuelle-veranstaltungen/